Die Welt der Atemtechniken ist voller Missverständnisse und Mythen. Als Atemcoach möchte ich einige dieser weit verbreiteten Mythen aufklären und dir helfen, das Beste aus deinen Atemübungen herauszuholen.
Mythos 1: Bauchatmung ist die einzige gesunde Atmung
Es ist ein weit verbreiteter Glaube, dass die einzige gesunde Atmung die Bauchatmung ist und dass jede Bewegung der Brust oder der Schultern auf eine Dysfunktion hinweist. Dies ist eine grobe Vereinfachung. Während bei einer vollständigen yogischen Atmung in einer sitzenden Position der Großteil der Arbeit tatsächlich vom Zwerchfell ausgeht, sind auch die Zwischenrippenmuskulatur und die Hilfsmuskulatur von Brust, Schulter und Hals beteiligt. Sie alle tragen dazu bei, mehr Raum für die Luft zu schaffen und die Atmung zu unterstützen.
Mythos 2: Sauerstoffmangel ist das Problem
Viele Menschen gehen davon aus, dass ihr Blutsauerstoffgehalt niedrig ist und dass dies der Grund für ihre geringe Energie und Anfälligkeit für Krankheiten ist. Tatsächlich ist der Blutsauerstoffgehalt bei den meisten Menschen, die keine schweren Lungenprobleme haben, zwischen 95 und 99 Prozent. Atemübungen werden nicht in erster Linie durchgeführt, um den Sauerstoffgehalt zu erhöhen, sondern um das Nervensystem zu beeinflussen, die Atmungsmuskulatur zu stärken und zu koordinieren und das Gleichgewicht zwischen Sauerstoff und CO2 zu optimieren.
Mythos 3: CO2 ist ein Gift
Es ist ein weit verbreiteter Irrglaube, dass Kohlendioxid (CO2) ein Gift ist. Tatsächlich ist CO2 genauso wichtig für unseren Körper wie Sauerstoff. Unser Körper benötigt eine bestimmte Menge an CO2, um den Sauerstoff, den wir einatmen, aufnehmen zu können. Dies wird als Bohr-Effekt bezeichnet.
Mythos 4: Athletische Leistung und Nasenatmung
Es gibt die Vorstellung, dass man, um sportliche Höchstleistungen zu erzielen, nur durch die Nase atmen sollte. Dies ist jedoch physiologisch unmöglich und potenziell gefährlich, wenn das Herz in einer hohen Herzfrequenzzone arbeitet. Professionelle Athleten, die ihren Lebensunterhalt mit ihrer körperlichen Leistung verdienen, optimieren ihre Atmung für ihre spezifischen Bedürfnisse.
Mythos 5: Die Lungenkapazität muss erhöht werden
Viele Menschen glauben, dass ihre Lungen zu klein sind und dass sie ihre Lungenkapazität erhöhen müssen. Tatsächlich sind die Lungen jedoch ein Organ und keine Muskulatur, die man wie einen Bizeps aufbauen kann. Die meisten Menschen haben bereits eine ausreichende Lungenkapazität. Das Ziel von Atemübungen ist es in der Regel, das Beste aus dem zu machen, was man bereits hat.
Fazit
Atemübungen sind ein mächtiges Werkzeug, um das autonome Nervensystem zu beeinflussen, die Atmungsmuskulatur zu stärken und zu koordinieren und das Gleichgewicht zwischen Sauerstoff und CO2 zu optimieren. Es ist wichtig, die Mythen und Missverständnisse, die es um das Atmen gibt, zu durchschauen und zu verstehen, wie man Atemübungen effektiv für seine eigenen Bedürfnisse einsetzen kann.