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Rund um die Atmung

Was ist eigentlich der Vagusnerv?

Wusstest du, dass ein einziger Nerv in deinem Körper sowohl deine Herzfrequenz als auch deine Verdauung, deine Stimmung und sogar deine Entzündungsreaktionen steuert? Der Vagusnerv – oft als „Autobahn zwischen Körper und Gehirn“ bezeichnet – ist weit mehr als nur ein anatomisches Detail. Er ist der Schlüssel zu deinem Wohlbefinden.

Was ist der Vagusnerv eigentlich?

Stell dir vor, du hättest eine Datenleitung, die vom Kopf bis in den Bauch reicht und ständig Nachrichten hin- und herschickt. Genau das ist der Nervus vagus – der längste der zwölf Hirnnerven. Sein Name kommt vom lateinischen „vagari“ (umherschweifen), und das passt perfekt: Er entspringt im Hirnstamm und zieht sich über Hals und Brustkorb bis hinunter in den Bauchraum.

Das Faszinierende daran: 80-90% seiner Nervenfasern sind afferent – sie melden deinem Gehirn also konstant, wie es deinem Körper geht. Dein Vagus ist weniger Chef, sondern mehr Informant.

Der Vagus als Hauptnerv deiner Entspannung

Der Vagusnerv ist der Hauptnerv des Parasympathikus – deines „Ruhe und Verdauung“-Systems. Während der Sympathikus bei Stress auf „Kampf oder Flucht“ schaltet, sorgt der Vagus für das Gegenteil:

  • Er verlangsamt deine Herzfrequenz
  • Er senkt deinen Blutdruck
  • Er regt deine Verdauung an
  • Er fördert deine Regeneration
  • Er stärkt deine Immunabwehr

Ein starker Vagustonus bedeutet: Du erholst dich schneller von Stress, schläfst besser und bist widerstandsfähiger gegen Krankheiten.

Wie du deinen Vagustonus messen kannst

Du kannst die Stärke deines Vagusnervs tatsächlich messen. Der beste Indikator ist die Herzratenvariabilität (HRV) – die natürliche Variation zwischen deinen Herzschlägen.

Eine hohe HRV zeigt:

  • Gute Anpassungsfähigkeit an Stress
  • Aktiven Parasympathikus
  • Bessere Emotionsregulation
  • Geringeres Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen

Eine niedrige HRV deutet auf chronischen Stress, Entzündungen oder ein erhöhtes Krankheitsrisiko hin.

Die Wissenschaft hinter der optimalen Atemfrequenz

Jetzt wird es richtig spannend: Forscher haben eine „magische“ Atemfrequenz entdeckt, die deinen Vagusnerv optimal stimuliert. Bei etwa 6 Atemzügen pro Minute – das sind etwa 10 Sekunden pro Atemzyklus – erreicht deine Herzratenvariabilität ihre höchste Amplitude.

Diese Resonanzfrequenz bringt Atmung, Herzschlag und Blutdruck in harmonische Schwingung. Eine Studie mit 59 Teilnehmern zeigte: Bereits 5 Minuten langsame Atmung steigern die Vagusaktivität signifikant – egal ob die Übung 5, 10, 15 oder 20 Minuten dauert.

Deine Anleitung für effektive Vagus-Atemübungen

Die Basis-Resonanzatmung (6 Atemzüge pro Minute)

So funktioniert die wissenschaftlich fundierte Grundtechnik:

  1. 4 Sekunden durch die Nase einatmen
  2. 6 Sekunden durch die Nase ausatmen
  3. Keine Pausen zwischen Ein- und Ausatmung
  4. Atme in den Bauch (Zwerchfellatmung)
  5. Übe mindestens 5-10 Minuten, idealerweise 2x täglich

Die 4-4-8-Technik für tiefe Entspannung

Diese Variation hilft besonders gut bei Stress oder vor dem Schlafengehen:

  1. 4 Sekunden durch die Nase einatmen
  2. 4 Sekunden den Atem anhalten
  3. 8 Sekunden durch die Nase ausatmen
  4. Optional: Beim Ausatmen summen für zusätzliche Vagus-Stimulation

Warum Nasenatmung so wichtig ist

Die Nasenatmung schlägt die Mundatmung klar, weil:

  • Sie die Produktion von Stickstoffmonoxid fördert, das deine Lungenfunktion verbessert
  • Der erhöhte Atemwegswiderstand zu tieferer Zwerchfellatmung führt
  • Die afferenten Vagusfasern in der Lunge stärker stimuliert werden

Was die Forschung über die Wirkungen zeigt

Die Studienlage zu gezielten Atemübungen ist beeindruckend. Eine systematische Übersicht von 58 klinischen Studien bestätigte relevante Verbesserungen bei:

  • Angst und Depression: Signifikante Symptomreduktion
  • Blutdruck: Natürliche Senkung ohne Medikamente
  • Schlafqualität: Besseres Ein- und Durchschlafen
  • Kognitive Leistung: Verbesserte Konzentration und Aufmerksamkeit
  • Entzündungswerte: Reduktion chronischer Entzündungen

Besonders bemerkenswert: Eine Studie mit PoTS-Patienten (posturales orthostatisches Tachykardiesyndrom) zeigte, dass tiefe Bauchatmung die Herzfrequenz um durchschnittlich 7 Schläge pro Minute senkte – eine kostenfreie, nebenwirkungsfreie Alternative zu Medikamenten.

Der Vagusnerv als natürlicher Entzündungshemmer

Eine der faszinierendsten Entdeckungen der letzten Jahre: Dein Vagusnerv hemmt Entzündungen aktiv. Über den „cholinergen antiinflammatorischen Reflex“ setzt er den Neurotransmitter Acetylcholin frei, der die Produktion entzündungsfördernder Botenstoffe in Immunzellen bremst.

Das erklärt, warum Menschen mit hohem Vagustonus nicht nur entspannter sind, sondern auch seltener unter chronischen Entzündungskrankheiten leiden.

Deine praktischen nächsten Schritte

Du musst nicht perfekt sein, um zu beginnen. Hier deine Startanleitung:

Woche 1-2: Gewöhnung

  • Täglich 5 Minuten Resonanzatmung (4 Sek. ein, 6 Sek. aus)
  • Am besten zur gleichen Tageszeit
  • Hand auf den Bauch legen zur Kontrolle

Woche 3-4: Vertiefung

  • Verlängere auf 10 Minuten pro Sitzung
  • Füge eine zweite Sitzung hinzu (morgens + abends)
  • Probiere die 4-4-8-Technik aus

Ab Woche 5: Integration

  • Nutze kurze Atemübungen als „Erste Hilfe“ bei Stress
  • Kombiniere mit anderen vagus-stimulierenden Aktivitäten wie Yoga oder Meditation
  • Beobachte Veränderungen in deinem Schlaf, deiner Stimmung und Stressresilienz

Wichtige Sicherheitshinweise

Atemübungen sind für die meisten Menschen sicher. Sprich jedoch mit deinem Arzt, wenn du:

  • Schwere Herz-Kreislauf-Erkrankungen hast
  • Unter Hyperventilationssyndrom leidest
  • Schwanger bist oder stillst
  • Einen sehr niedrigen Ruhepuls hast (unter 60 Schläge/Min.)

Bei Schwindel oder Unwohlsein während der Übungen pausiere und kehre zu deiner normalen Atmung zurück.

Dein Vagusnerv als Schlüssel zu mehr Wohlbefinden

Der Vagusnerv ist weit mehr als ein anatomisches Detail – er ist dein körpereigenes System für Regeneration, Entspannung und Gesundheit. Du kannst ihn trainieren wie einen Muskel. Schon wenige Minuten gezielter Atemübungen täglich verbessern deine Stressresilienz, deine Schlafqualität und dein allgemeines Wohlbefinden merklich.

Beginne heute mit nur 5 Minuten Resonanzatmung. Welche Veränderungen wirst du in den nächsten Wochen an dir bemerken?

Quellen:

  1. Kessler, H. S., et al. (2012). The potential for slow-paced breathing to improve health and well-being: A systematic review and meta-analysis. Clinical Medicine Insights: Circulatory, Respiratory and Pulmonary Medicine, 6, 25-39.
  2. Steffen, P. R., et al. (2017). The impact of resonance frequency breathing on measures of heart rate variability, blood pressure, and mood. Frontiers in Human Neuroscience, 11, 348.
  3. Laborde, S., et al. (2017). Heart rate variability and cardiac vagal tone in psychophysiological research – recommendations for experiment planning, data analysis, and data reporting. Frontiers in Psychology, 8, 213.

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